Der Deutsch-Kurdische Freundeskreis Senden ist sehr besorgt über die aktuellen Entwicklungen in der Türkei/Kurdistan. Nach den erfolgreichen Wahlen in der Türkei, wo die multiethnische und die
interreligiöse Partei der Völker "HDP" mit 80 Kandidaten in das türkische Parlament eingezogen ist, war die Hoffnung des DKFK sehr groß, dass die Problematiken in der Türkei gegenüber
Minderheiten auf politischer Ebene gelöst werden. Leider katapultiert die türkische Regierung unter der der Führung von Tayyip Erdogan (hat seit den Wahlen immer daran gearbeitet die
Türkei in Krieg und Chaos zu führen, um seine verlorene Macht wieder herzustellen) die Türkei ungebremst in ein Chaos, der das Potenzial mit sich bringt, in einen unkontrollierten Bürgerkrieg zu
enden.
Gerade wird die von der Guerilla kontrollierten Gebiete Kurêjar, Sergelî, Bergarê, Zap, Sîdekan, Xakûrkê, Metînan, Zap, Avaşîn, Heftenînê Qendîl von der
Luftwaffe der türkischen Armee angegriffen. An den Angriffen sollen mehrere dutzend Kampfflugzeuge der türkischen Armee beteiligt sein. An vielen Orten sollen wegen den Angriffen Brände
ausgebrochen sein.
In Colemerg, Çelê, Gever, Şemzînan, Lîce und Amed soll es zu kämpfen gekommen sein. Parallel dazu geht die türkische Polizei in der Türkei/Nordkurdistan durch eine Verhaftungswelle (hunderte von kurdischen Aktivisten wurden mittlerweile verhaftet) gegenüber der kurdischen Bevölkerung brutal vor.
In Amed und in vielen anderen kurdischen Städten ist die Bevölkerung auf den Straßen. Es soll schwere Auseinandersetzungen zwischen der Bevölkerung und der Polizei geben.
Die plötzliche Wendung der türkischen Regierung gegenüber der IS
Die türkische Regierung unter der Führung von Tayyip Erdogan hat bis gestern noch alle möglichen, radikalislamischen Gruppierungen, zuletzt die menschenverachtende Radikalgruppe des Islamischen Staates (IS)auf allen Ebenen bis heute tatkräftig unterstützt, um so seine Interessen in Syrien zu verwirklichen. Durch die Unterstützung von der Türkei, Saudi Arabien und Katar konnte der IS weite Teile von Syrien und Irak erobern.
Seit Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien haben die Kurden in Nordsyrien, die am Anfang von den Angriffen der syrischen Regierung und radikalen Gruppen verschont waren, demokratische Selbstverwaltungsstrukturen und die Volksverteidigungsarmee YPG/YPJ (Frauenarmee), wo alle Religionen und Ethnien vertreten sind aufgebaut.
Diese demokratischen Selbstverwaltungsstrukturen sowie die späten militärischen Erfolge der YPG/YPJ, mit Unterstützung der amerikanischen Luftangriffe, gegen die IS haben die Türkei sehr beunruhigt.
Auf der einen Seite sind die Kurden in Rojava/Nordsyrien (etwa 3 Millionen) auf dem besten Weg wie die Kurden in Nordirak (etwa 6Millionen) mehr Rechte bzw. Autonomie zu erlangen, welches wieder die Kurden in der Türkei (etwa 20 Millionen) animieren könnte, von der Türkei ebenfalls mehr Rechte zu verlangen.
Auf der anderen Seite ist Erdogan durch die Wahlen in der Türkei, wo die Demokratische Partei der Völker HDP (wie berichtet) souverän ins türkische Parlament einzog und somit die absolute Mehrheit von Erdogans Partei verhinderte,
bei der Einführung eines Präsidialsystems, wo er als Präsident die ganze Macht in sich vereint, gescheitert.
Um nun die ganzen Niederlagen revidieren zu können, geht die Türkei wie folgt vor:
- um das Vertrauen der Amerikaner und des Westens wieder zu gewinnen und um auf der "Siegerseite" (hat eingesehen, dass der IS gegen die Kurden und den zwischenzeitlich kooperierenden Amerikaner verlieren werden) zu sein, lässt er amerikanische Kampfflugzeuge vom türkischen Boden abheben
- gleichzeitig will die Türkei die Kurden in Nordsyrien daran hindern, weitere Erfolge gegen die IS zu erzielen und somit alle drei gegründeten Kantone (Afrin, Cizir und Koban) in Rojava/Nordsyrien zu verbinden und de facto Autonomie zu erlangen
- durch die Unruhen in der Türkei bzw. den angestrebten Ausnahmezustand will Erdogan die Volksgruppen aufeinander hetzen und voneinander distanzieren, um somit bei den wahrscheinlichen Neuwahlen die HDP unter die 10% Hürde zu bringen und somit die notwendige absolute Mehrheit für ein Präsidialsystem nach seinem Wunsch zu erlangen
- auf internationaler Ebene versucht die Türkei das Attentat, welches das Produkt der türkischen Regierung ist (die den IS überhaupt soweit gebracht hat), unmoralisch (da nur Regierungskritiker unter den Opfern waren, hat die Türkei den Tag nicht mal als Trauertag bezeichnet) so darzustellen, das die Türkei einer "Gefahr von außen" ausgesetzt ist, um so die Natomitglieder zu zwingen, die Türkei bei ihrem Vorgehen zu Unterstützen
Das Vorgehen der Türkei hat wahrscheinlich den Friedensprozess mit den Kurden, der 2012 durch Friedensgespräche begann, endgültig zum Scheitern gebracht.Dabei wurde auch ein Waffenstillstand und ein Abzug der PKK-Kämpfer aus der Türkei in den Nordirak vereinbart, welcher auch realisiert worden war. Der Friedensprozess, der die letzten Jahre nur einseitig praktiziert worden war, lag aufgrund der Passivität der türkischen Regierung derzeit ohnehin auf Eis. (Nach türkischen Angriffen - PKK kündigt Waffenstillstand mit Türkei auf)
Die Hoffnung des DKFK Senden ist, trotz der kriegerischen Situation in der Heimat, eine friedliche Lösung auf politischer Ebene. Für ein friedliches Miteinander aller Völker.