Der Verein - Vorgeschichte
 
Der Deutsch- Kurdische Freundeskreis Senden versteht sich als ein Verein für Integration und für interkulturelle Verständigung, sowie für die Einhaltung der Menschenrechte - global. Die Wurzeln des Deutsch- Kurdischen Freundeskreises (DKFK) Senden e.V. reichen bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Erstmalig wurde er 1988 in Dülmen, als ein loser Zusammenschluss von engagierten Bürgerinnen und Bürger (u.a. Wolfgang Müller, Lothar Hill,..) ins Leben gerufen, die sich erfolgreich gegen die geplanten zwangsweise Rückführungen von kurdischen Flüchtlingen aus Dülmen und Nottuln in die Türkei, zur Wehr setzten.  Heute haben (bis auf wenige Ausnahmen), alle die damals von der Abschiebung bedroht waren, die deutsche Staatsangehörigkeit. 
1986 waren diese ezidischen (das Ezidentum1 ist eine etwa 4000 Jahre alte kurdische Naturreligion) Kurdinnen  und Kurden, aufgrund von politischer und religiöser Verfolgung aus ihrer kurdischen Heimat im Südosten der Türkei, in die Bundesrepublik Deutschland geflüchtet. Sie waren überwiegend in der Stadt Midyat (Bezirk Mardin) und im nahe liegenden Dorf Bacin (nicht weit von der Grenze zu Syrien), beheimatet. Bacin ist heute weitgehend zerstört und faktisch unbewohnt. Lediglich einzelne Nomadenfamilien bewohnen hin und wieder vorübergehend das Dorf. In der 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde Bacin mehrmals aus der Luft von türkischen Militärs bombardiert. Aufgrund von Widerständen gegen die drohenden Abschiebungen erließ das NRWInnenministerium unter dem damaligen Innenminister Dr. Herbert Schnorr, per Verfügung ein Bleiberecht für die von Ausweisung bedrohten ezidischen Kurdinnen und Kurden. Kurz zuvor informierte sich der NRW-Innenminister im Rahmen einer Reise durch kurdische Gebiete im Südosten der Türkei, persönlich über die Situation der Ezidinnen und Eziden im Bezirk Mardin. Auch in Bacin machte er halt und führte Gespräche mit den zu dieser Zeit noch zurückgebliebenen Bewohnern in diesem kurdischen Dorf.
 
Zwangsumsiedlung nach Dülmen- Börnste
 
Die meisten kurdischen Familien mit etwa 50 Personen, waren in Dülmen in einem Übergangswohnheim für Asylbewerberinnen/er „An der Lehmkuhle“ untergebracht. Im September 1991 wurden sie vom Wohnungsamt der Stadt Dülmen aufgrund eines Beschlusses des Bauausschusses aufgefordert, die Wohnungen zu verlassen. Sie sollten dafür alternativ den ehemaligen Bauernhof „Middeler“ in der Dülmener Dorfbauernschaft Börnste beziehen, fast 5 Kilometer außerhalb des Stadtgebietes. Damit waren die betroffenen kurdischen Familien überhaupt nicht einverstanden. 6 Jahre wohnten sie nun schon in ihren Wohnungen „An der Lehmkuhle“. Dort fühlten sie sich wohl, hatten zahlreiche Freundschaften mit Nachbarn und Einheimischen geschlossen. Viele von ihnen konnten zu dieser Zeit auch schon in Dülmen einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
 
In dieser Zeit hatte sich auch eine deutlich erkennbare positive Integrationsentwicklung bei den meisten Angehörigen dieser kurdisch- ezidischen Flüchtlingsfamilien vollzogen,                  insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Besonders durch den Besuch von Kindergärten und Schulen hatten sie sich viele soziale Kontakte aufbauen können. Auch in Sportvereinen, wie zum Beispiel TSG Dülmen, waren sie äußerst erfolgreich aktiv. Sie bewegten sich daher in einem weitreichenden sozialen Netzwerk. Mit der Zeit engagierten sich auch einige Erwachsenen und Jugendliche politisch (Die Grünen Dülmen) und sozial (u.a. Deutsch-Kurdischer Freundeskreis). 

Nun sollten die kurdischen Familien durch die Stadt Dülmen abrupt aus ihrer gewohnten Umgebung zwangsweise herausgerissen werden. Hintergrund dieser Maßnahme, war die beabsichtigte Unterbringung von Serben und Kroaten in diesem Wohnheim für Flüchtlinge, die aufgrund des damaligen Balkankrieges nach Deutschland flüchteten und noch in einer Dülmener Turnhalle untergebracht waren. Nach der damaligen Ansicht der Stadtverwaltung, hätte man nicht länger diese beiden Ethnien zusammen in einer Turnhalle unterbringen können, da sie sich bis aufs Messer bekämpfen würden. 

 

Die betroffenen Familien und der Deutsch-Kurdische Freundeskreis setzten sich gegen die geplante Zwangsumsiedlung zur Wehr. Sie legten Einspruch gegen den Bescheid des Dülmener Wohnungsamtes ein, der mit den Unterschriften von rd. 500 Bürgerinnen und Bürgern bekräftigt wurde. Jedoch wurde er abgelehnt. Es gab nun keinerlei Möglichkeiten mehr, den Zwangsumzug zu vereiteln.
Anfang November 1991 war es dann soweit: Ein Trupp des Dülmener Bauhofes und Vertreter der Stadtverwaltung Dülmen rückten in den frühen Morgenstunden mit LKWs  bei den kurdischen Familien an, um die Zwangsumsiedlung aufs Land amtlich zu vollziehen. Beschämenderweise wurde zu allem Hohn und Spott, ihr Hab und Gut auch noch trotz strömenden Regens auf die LKWs verladen, die keine Plane hatten und so auch zu ihrer neuen Unterkunft auf dem „Hof Middeler“, transportiert. Einige Gegenstände wie Kleidung und Möbelstücke der Familien waren dort so weit durchnässt, dass sie anschließend unbrauchbar waren und auf dem Müll entsorgt werden mussten. 
 
Folgen der Zwangsumsiedlung
 
Die Zwangsumsiedlung hatte eine komplette Isolation der Betroffenen zur Konsequenz (kaum noch soziale Kontakte mehr, Kinder nur unter sich, keine Freizeitaktivitäten; schlechtere Lebensbedingungen (eine Küche für alle Familien, keine Privatsphäre, nächste  
Einkaufsmöglichkeit 5km entfernt, usw.)) .

Da sich das Gebäude direkt neben der A 43 befindet, kam noch eine ständige Lärmbelästigung durch vorbeifahrende Fahrzeuge hinzu.  

Es entstanden durch die erwähnten negativen Lebens- und Wohnumstände interne Konflikte zwischen Familien, die nicht behoben worden sind und in manchen Fällen eskalierten.
Die Familien waren in jeder Hinsicht auf sich allein gestellt.
Als weitere Belastung kam noch hinzu, dass vor dem Hintergrund von damals aktuellen, bundesweit zahlreichen Übergriffen von Neonazis auf Unterkünfte von AsylberwerberInnen, sie auf dem ehemaligen Bauernhof in ständiger Angst vor einem Anschlag auf das Gebäude und auf dort wohnhafte Personen lebten. Auch in Dülmen gab es damals eine Neonazi-Szene. Hier kam es auch schon zu Übergriffen auf andere Unterkünfte, sowie auch auf Personen mit Migrationshintergrund. Zeitweise wurden daher aus Sicherheitsgründen Heimbewohnerinnen vorübergehend in andere Unterkünfte untergebracht.

Eine Zeit lang war die Bedrohungslage dermaßen hoch, dass Unterkünfte über Nacht von zahlreichen engagierten Bürger/innen, wochenlang bewacht werden mussten. Vor diesem Hintergrund wurde auch Mahnwachen, sowie auch eine symbolische Menschenkette gegen Gewalt und Rassismus veranstaltet. Die Familien haben aufgrund der nicht mehr erträglichen Lebens- und Wohnsituation selber nach alternativen Räumlichkeiten gesucht, die in der Zeit aufgrund der bundesweiten Wohnungsnot schwer zu finden waren.
 

Wohnungsmangel
 
In Senden wurden aufgrund des Abzuges von britischen Militärangehörigen aus diesem Ort, rd. 400 Wohnungen frei. Vor diesem Hintergrund haben sich zahlreiche Familien dazu entschlossen, sich um entsprechende Wohnungen zu bewerben, die sie später in dieser Gemeinde auch vornehmlich im „Mühlenfeld“ beziehen konnten. Auch zahlreiche Aussiedlerfamilien aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion, bezogen ebenfalls ehemalige Wohnungen von britischen Militärangehörigen in diesem Wohngebiet. Als die meisten Mitglieder mit kurdischer Migrationsgeschichte in die Gemeinde Senden umgezogen waren, hatte sich der DKFK in Dülmen, somit faktisch auch aufgelöst.  Ein paar Jahre später, wurde er erneut, diesmal als eingetragener Verein in Senden ins Leben gerufen. 2003 wurde das "Interkulturelle Projekt DKFK", auch vom Bundesminister a.D., Dr. Norbert Blüm, gewürdigt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der DKFK für die Durchführung von einigen Projekten, Räumlichkeiten mit einer Fläche von ca. 170 qm angemietet, die auch als eine Stätte der interkulturellen Begegnung und Kommunikation dienen sollte. Da es dafür keinerlei finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Fördermitteln gab, musste der Verein dort seine Arbeit 2006 einstellen und die Räumlichkeiten aufgeben. Zudem wurde der DKFK als Verein aufgelöst, da man u.a. für die Fortführung von Integrations- Bildungs- und Jugendarbeit, sowie von der Durchführung von Maßnahmen zur Prävention gegen Gewalt und Kriminalität, zum damaligen Zeitpunkt an der Stätte keinerlei Perspektiven mehr gesehen hatte. Zusätzlich kam noch erschwerend hinzu, dass einige Personen aus der unmittelbaren Nachbarschaft offen rassistisch und intolerant gegenüber Besuchern des interkulturellen Vereins aufgetreten sind. Vor dem Hintergrund der aus Sicht der DKFK-Jugendlichen gescheiterten Jugend- und Integrationsarbeit des damaligen Jugendzentrums („Juks“ ) wurde am 8. Januar 2010 der Deutsch- Kurdische Freundeskreis aus Initiative von Jugendlichen erneut als Verein in Senden gegründet, der inzwischen auch als eine gemeinnützige Körperschaft anerkannt wurde.  Gegenwärtige Schwerpunkte des interkulturellen Vereins sind u.a.  die Jugend- und Frauenarbeit, die Friedensarbeit, die Kulturarbeit und die Arbeit im Sozial- und Gesundheitsbereich, insbesondere die Entwicklung, Förderung und Durchführung beruflicher, sozialer, kultureller und gesellschaftlicher Integrationsmaßnahmen von Migranten insbesondere von Jugendlichen und Frauen in Senden. Ein weiterer Zweck des Vereins ist, durch Kunst und Kulturprojekte internationale Denkweise und Völkerverständigung zu fördern.